Ist das nun gefällte Urteil gerecht? Meine ehrliche Antwort: ich weiß es nicht. Dennoch hat ein Kommentator auf Spiegel Online es auf den Punkt gebracht:
Die Familie des Opfers zeigte sich mit dem Urteil zufrieden. „Wir haben das Gefühl, dies nun hinter uns lassen zu können“, sagte Reeva Steenkamps Vater Barry. Der Anwalt der Familie ergänzte, der Gerechtigkeit sei genüge getan worden. (http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2014-10/suedafrikas-sprintstar-pistorius-zu-fuenf-jahren-haft-verurteilt) Schon seltsam, dass so viele Kommentatoren das Strafmaß als zu milde kritisieren, wenn die Familie der Getöteten doch offensichtlich damit zufrieden ist. Diejenigen, die hoffen, dass die StA in Revision geht dürften doch zu denen gehören, die gerne von Täterschutz und „an das Opfer/die Hinterbliebenen denkt keiner“ palavern. Nun ist hier die Familie mit dem Strafmaß zufrieden und die Hängt-ihn-höher-Fraktion ist dennoch nicht bereit, der Familie Steenkamps Ruhe zu gönnen, sondern hofft und fordert, dass der Prozess in die nächste Runde geht. Das zeigt (leider) sehr eindrucksvoll, dass es denen, die sich gern so großspurig die Rechte der Opfer auf die Fahnen schreiben kein bisschen um eben diese Opferrechte geht. Denn dazu würde zählen, die trauernde Familie nach der Verkündung des Strafmaßes endlich in Frieden zu lassen. […]
Beitrag 19, von „TheBitterTruth“, Kommentar zu „Haftstrafe: Pistorius könnte nach zehn Monaten aus dem Knast kommen“
In einem anderen Artikel habe ich heute gelesen, dass junge angehende Juristen heute deutlich härtere Strafen für angemessen halten, als noch vor 20 Jahren, obwohl das subjektive Sicherheitsempfinden zu- und nicht abgenommen hat. Besonders erschreckend finde ich dabei, dass weniger als die Hälfte Folter bedingungslos ablehnten.
Da fragt man sich durchaus, was die Ursachen dafür sind. Und warum sind so viele der Meinung, die (schwarze) Richterin hätte falsch und zu milde geurteilt, weil Pistorius der privilegierten weißen Oberschicht angehört? Viele vergessen, dass ein wesentlicher Grundsatz eines rechtsstaatlichen Rechtssystem das Prinzip „in dubio pro reo“, im Zweifel für den Angeklagten, ist. In einem Rechtsstaat gilt die Unschuldsvermutung, also „jeder Mensch gilt als unschuldig, bis das Gegenteil bewiesen ist“. Beide Prinzipien laufen im Ergebnis darauf hinaus, dass der Staat die Schuld des Angeklagten beweisen muss, und nicht der Angeklagte seine Unschuld.
Und das ist auch gut so! Denn der Staat hat bei der Sammlung, Sicherung und Auswertung von Spuren, Indizienund Beweisen einfach die besseren und größeren Ressourcen.
Sicher, man darf, ja muss vielleicht sogar manches Strafmaß in Frage stellen. Warum bekommen z.B. manche Vergewaltiger kürzere Haftstrafen als Steuerhinterzieher? Da wird in meinen Augen entweder der eine zu milde oder der andere zu hart bestraft. Oder beides.
Aber für diesen konkreten Fall gilt eine ganz wesentliche Tatsache: die Familie des Opfers ist mit dem Urteil zufrieden, empfindet es als Gerecht. Und will jetzt mit der Geschichte abschließen.
Ich hoffe, dieser Wunsch wird ihnen erfüllt.